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Stellungnahme der Pfarrvertretung (Pfarrverein) zur „Rechtsverordnung über unterrichtliche Pflichtstunden im Pfarrdienst“

Pfarrverein EKBO                                                        Berlin, 16.Januar 2023

Onkel-Tom-Straße 80

14169 Berlin

 

 

Konsistorium

Abteilung 4 : C.Vogel/D.Altmannsperger

 

Stellungnahme der Pfarrvertretung (Pfarrverein) zur                  „Rechtsverordnung über unterrichtliche Pflichtstunden im Pfarrdienst“, Entwurf, Stand Oktober 22

Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dass sich in der Synopse (Anlage 2) in der 3. Spalte die zu beschließende Neuregelung aus Anlage 1 eigentlich 1:1 wortgetreu wiederfinden müsste. Leider tut sie das nicht bei § 2.5, dort steht etwas sehr anderes. Bei Vorlage aller Anlagen zur KL sollte das angeglichen werden. Außerdem ist in Anlage 1 §3 (1) Satz 1 ungrammatisch formuliert.

Zu § 2 (1) Mitwirkung

Hier wird nur vom Mitwirken des Kirchenkreises und der Landeskirche gesprochen. Es gibt in der EKBO aber zahlreiche Kirchengemeinden, die Anstellungsträger für Pfarrer und Pfarrerinnen sind. Wie wird deren Perspektive mit eingebracht? In der Fassung von 2015 ist von Kirchengemeinden noch die Rede: jetzt fallen sie vollkommen raus. Das sehen wir ausgesprochen kritisch. Es muss gesichert werden, dass Kirchengemeinden bei der Gestaltung des Pfarrdienstes mit einbezogen sind und dies nicht ausschließlich vom Kirchenkreis aus gesteuert wird.

Zu § 2 (2) Besetzbare Stellenanteile

In der alten Berechnung (RVO 2015) der Stellen werden die Stellen der Superintendenten und Superintendentinnen und der Pfarrer und Pfarrerinnen über 58 Jahren nicht mit einbezogen. Es hat sich dadurch etabliert, dass Pfarrer und Pfarrerinnen mit dieser Regelung rechnen. Das wird in Zukunft dazu führen, dass bei Inkrafttreten dieser RVO viel mehr Stellenanteile für den Religionsunterricht da sein werden und viele Pfarrer und Pfarrerinnen, die über 58 Jahre alt sind, plötzlich wieder in den Religionsunterricht müssen. Dem können wir nicht zustimmen, weil wir darin eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sehen. Hier müssen unbedingt Übergangslösungen geschaffen werden.

Zu § 2 (5) Eignung

Wie in der Beschlussvorlage selbst zu 2.5 eingeräumt wird, gab es zu dieser Regelung schon Bedenken aus den Kirchenkreisen, weil die Erteilungssicherung weniger an der Knappheit des Geldes als vielmehr am Personalmangel scheitern kann. Genau wie die in der Verordnungsbegründung zitierten Kirchenkreise sehen wir es als zwingend an, den Grundsatz einer gemeinsamen Lösungssuche in das Gesetz auf zu nehmen. Es ist nicht hinnehmbar, dass durch ein nicht näher qualifiziertes Verfahren die Eignung von Pfarrern und Pfarrerinnen infrage gestellt wird.

Außerdem ist zu unterscheiden, ob die Besetzung angestrebt wird oder schon erfolgt ist. Für Personen, denen ein Stellenanteil im Bereich RU übertragen ist, gilt der Schutz des Pfarrdienstgesetzes. Ein ungeregeltes und damit willkürliches Quasi-Abberufungs/Versetzungs-Verfahren, das zum Verlust erheblicher Stellenanteile führen kann, kann sich in der Verordnungskompetenz nicht auf § 16 Pfarrdienstausführungsgesetz stützen, weil es im Widerspruch zu den Regelungen des Pfarrdienstgesetzes zu Stellenbesetzungen und Stellenverlusten steht. Zudem ist unklar, an welcher Stelle im Konsistorium die Entscheidung über Eignung oder Nichteignung liegt. In der Verordnungsbegründung wird sogar die Auslegung ermöglicht, dass diese Entscheidung anstelle des Konsistoriums von einer ARU getroffen werden kann. Die Frage der Eignungsfeststellung muss eindeutig geregelt werden. Damit hier der Eindruck von Willkür oder Missbrauch verhindert wird, muss es Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten gegen die Feststellung der Nicht-Eignung geben.

Zu § 2 (7) Personalkostenzuschuss

Wir begrüßen die Aufstockung der Zuweisungen für die Kirchenkreise für den RU (103,00 Euro bisher, neu: 220,00 Euro). Eine Erhöhung macht es für Kirchenkreise attraktiver, für den Religionsunterricht Stellenanteile zu sammeln und damit den RU aus dem Gemeindedienst heraus zu nehmen. Dies führt aus unserer Sicht zu einer höheren Attraktivität von Gemeindepfarrstellen und außerdem zu besseren Arbeitsbedingungen.

Zu § 3 (1), (2) Verpflichtung und Ausgleichszahlung

(1) Hier interpretieren wir, dass bei einer nicht über den Kirchenkreis gefundenen Sammellösung (einzelne Pfarrer und Pfarrerinnen erteilen für alle den RU im KK) dann alle Gemeindepfarrer und Gemeindepfarrerinnen verpflichtet sind, RU je nach Stellenumfang zu erteilen. Für den Dienst im Gemeindepfarramt erleben wir hier eine Ungleichbehandlung von Pfarrer und Pfarrerinnen in den verschiedenen Kirchenkreisen der EKBO. Es gibt zahlreiche Kirchenkreise, die Sammellösungen haben. In anderen ist das nicht der Fall. Für Pfarrer und Pfarrinnen ist es daher zunehmend unattraktiv, in einem Kirchenkreis zu arbeiten, der keine Sammellösung für den RU anbieten kann. Wir empfehlen vorrangig, Sammellösungen in den Kirchenkreisen zu favorisieren.

(2) Als unscharf empfinden wir die Regelungen zu den Ausgleichszahlungen. Unklar bleibt, wer eine Ausgleichszahlung leisten kann: der/die Pfarrer/in auf eigenen Wunsch, eine Kirchengemeinde oder ein Kirchenkreis als Anstellungsträger? Dies sollte transparent geregelt sein.

Kirchenkreisen und Kirchengemeinden sollte die Option eingeräumt werden, ihre Pfarrer und Pfarrerinnen vordergründig für die Gemeindearbeit einzusetzen und ihrerseits ggf. die Ausgleichszahlung zu übernehmen. 

Zu § 4 (2) Dienstliche Pflichten im RU

Die Regelungen zu den Pflichten im RU belasten den Dienst von Pfarrern und Pfarrerinnen im Gemeindepfarramt aus unserer Wahrnehmung stark. Insbesondere die in Absatz 2 formulierte Verpflichtung, den Urlaub nur in den Schulferien zu nehmen, halten wir für nicht realisierbar. Wir votieren im Interesse des kollegialen Klimas in den Konventen dafür, von dieser Regelung Abstand zu nehmen. Die Erfahrungen vor Ort zeigen, dass bedingt durch Krankheit und die Situation von Pfarrern und Pfarrerinnen mit schulpflichtigen Kindern die Grundversorgung im Kasual-Bereich jetzt schon sehr beschwerlich ist. Die Fortschreibung dieser Urlaubsregelung verschärft die Situation weiter. Es ist zu befürchten, dass einzelne Pfarrer und Pfarrerinnen auf Urlaub verzichten müssen, weil er nicht organisierbar ist.

Abschließendes Votum:

Aus unserer Verpflichtung als Pfarrvertretung, die Arbeitsbedingungen der Kollegen und Kolleginnen im Verkündigungsdienst arbeitsrechtlich zu begleiten, sehen wir in der geplanten verändertenRVO ein hohes Konfliktpotential. Wir nehmen aus vielen Rückmeldungen in unserem Verein und aus den Pfarrkonventen wahr, wie sehr sich die Berufszufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen im Pfarramt verknüpft. Hier beobachten wir eine stetige Veränderung:

  • ständig sich erweiternde Aufgaben der Pfarrer und Pfarrerinnen im Gemeindepfarramt
  • die geografische Ausweitung der Pfarrstellen
  • die zunehmende Schwierigkeit, das Arbeitsfeld Schule in den sich strukturell ausweitenden Gemeindealltag zu integrieren, was einen arbeitsfreien Tag in der Woche kaum möglich macht
  • zunehmende Überforderung und krankheitsbedingte Ausfälle durch die hohe Arbeitsbelastung

Aus diesen Beobachtungen folgern wir, dass das Arbeitsfeld Religionsunterricht im Gemeindepfarramt eine besondere Herausforderung ist, die mit der geplanten RVO noch nicht optimal in den Blick genommen wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Pfarrerin Susanne Seehaus, Vorsitzende des Pfarrverein EKBO

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