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Gedanken von Pfarrer Jonathan Steinker

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Gedanken von Pfarrer Jonathan Steinker aus Luckenwalde in diesen Tagen

Da stehen wir also zu zweit vor dem verschlossenen Rathaus. Es ist ein sonniger Samstag. Ein junger Mann mit tönender Musikbox am Gürtel kommt um die Ecke. Er schaut uns irritiert an - wir haben einen Mund-Nasen-Schutz auf, er nicht. In seinem Gesicht kann ich die Frage lesen: Sind die beiden krank? Tatsächlich wissen wir nicht, ob wir uns angesteckt haben. Wir haben in den letzten Wochen so isoliert gelebt, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, wenn wir mit CoViD-19 infiziert worden wären. Aber sicher ist sicher. Die Standesbeamtin ist noch nicht da. Sie hat gesagt, dass wir nur zu zweit kommen dürfen. Also keine Gäste erlaubt, keine Familie. Auch Videoaufnahmen dürfen wir nicht machen. Die Standesbeamtin schaut aus dem Fenster. Sie kommt gleich, sagt sie. Kurz darauf schließt sie die schwere Tür auf und lässt uns in den reich geschmückten Raum eintreten. Leer wirkt er. Ich ertappe mich dabei, dass ich mir meine Familie auf den Stühlen vorstelle. Frage mich, wann wir uns wieder sehen, wieder in die Arme nehmen werden. Wir hören zu, wie die Standesbeamte ihren Text vorliest, sagen an den entscheidenden Stellen ja, reichen einander die Ringe - einen Kuss gibt es nicht. Mund-Nasen-Schutz. Ich unterschreibe zum ersten Mal ein rechtsgültiges Dokument mit meinem neuen Namen, verschreibe mich auch prompt. Dass ich den Namen meiner Frau annehme, hatte schon häufiger für Gespräche gesorgt. Jetzt ist es offiziell. Mein alter Name ist wie weggenommen, gilt nicht mehr. Bin irgendwie ein neuer Mensch, aber irgendwie bin ich auch der gleiche wie gestern. Wir verlassen das Rathaus. Nachher gibt es noch eine Videokonferenz mit unseren Müttern. Unser Hochzeitsessen hole ich beim Griechen ab, der ja aufgrund der Maßnahmen geschlossen hat. Wir feiern zu zweit - es ist ein ruhiger Tag. Und er ist ganz anders als wir uns das letztes Jahr vorgestellt hatten. Über einen Monat ist die Eheschließung nun her. Läden öffnen wieder. Ich merke, dass sich eine neue Norma-lität entwickelt. Dass es normal wird, zum Einkaufen eine Gesichtsmaske einzupacken und zur Begrüßung die Hand zu heben, statt sie dem Gegenüber zu geben. In Luckenwalde sind die Kirchen Johannis und Jakobi täglich geöffnet. Gottesdienst-versammlungen finden in der Gemeinde noch nicht wieder statt. Zugleich gibt es eine Menge kirchlicher Angebote, mit teilweise ganz neuen Formaten: Wöchentlicher Briefkontakt mit der Gemeinde, die Audioandacht für ‘s Telefon (03371-60 98 95 4), Zahnputz-andachten auf Youtube, professionell gefilmte Gottes-dienste vom kirchenkreis für die hohen Feiertage. Da ist Gutes entstanden, in der Zeit, als wir auf Gottesdienstversammlungen verzichtet haben.

Jetzt werden Präsenzgottesdienste wieder eingesetzt, Geburts-tagsbesuche werden möglich, und uns beschäftigt im Team stark die Frage: Was kann weiterlaufen - wovon machen wir wieder weniger? Vieles wird anders sein als früher. Die ersten Gottesdienste mit 1,5 Meter Mindestabstand und ohne Gemeinde-gesang in der Kirche sind für mich gewöhnungsbedürftig. Und wo Höchstgrenzen gesetzt sind, bei feierlichen Anlässen beispielsweise, werden Alternativen gesucht. Die Ordinationen werden dieses Jahr darum dezentral geplant. Wie wir als frisch gebackenes Ehepaar das mit der kirchlichen Hochzeit machen werden, da sind wir noch am Nachdenken.

Die letzten Monate fühlten sich für mich chaotisch an. Manchmal änderten sich meine Arbeitsumstände innerhalb weniger Tage, und die Kontaktbeschränkungen haben mir zu schaffen gemacht. Was mich bisher durch diese Zeit getragen hat, sind die Momente, in die Verbindung spürbar da ist: Beim Grüßen auf Entfernung, bei der Konferenzschaltung mit der Familie, in den Telefonaten und Briefen. Es hilft mir, dass ich weiß, viele Menschen erleben das gleiche, wie ich. Auch wenn aus dem lange andauernden Ausnahmezustand eine neue Normalität wächst, weiß ich: Ich bin nicht allein.

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